Hernien
entstehen bevorzugt dort, wo die Bauchwand eine anatomisch vorgegebene
Schwachstelle aufweist. Dies ist am Nabel leicht nachvollziehbar. Hier stellt
man schon beim Tasten fest, dass die Bauchdecke ganz dünn ist. Aber nicht jeder
entwickelt im Laufe seines Lebens eine Hernie, also bedarf es weiterer
Risikofaktoren. Eine Hernie entsteht bevorzugt dann, wenn ein Missverhältnis
zwischen einem hohen Druck im Bauchraum und einer zu geringen Festigkeit des
Bauchwandgewebes besteht. Die Folge ist, dass sich Gewebe aus dem Bauchraum
durch eine Schwachstelle in der Bauchwand (Bruchlücke) nach außen vorstülpt.
Beim kindlichen Leistenbruch kann eine solche Bruchlücke bereits angeboren
sein.
Der
Narbenbruch nach einer Bauchoperation stellt eine Besonderheit dar. Die Narbe
im Bereich der Bauchwand ist weniger stabil als das ursprüngliche intakte
Gewebe. Die Narbe kann bei entsprechender Belastung schrittweise reißen und zu
einem Bauchwandbruch führen. Dies ist gehäuft dann der Fall, wenn es nach der
Bauchoperation zu einem tiefer reichenden Wundinfekt kam.
Neben
einer anlagebedingten Gewebeschwäche gibt es Risikofaktoren, die letztendlich
mit einer Erhöhung des Innendrucks im Bauchraum einhergehen, wie beispielsweise
Das
Risiko einer Hernie besteht darin, dass sich der Bruchinhalt in der
Bruchöffnung einklemmen und zu einer Notfallsituation führen kann. Es bestehen
dann starke Schmerzen, weil das Gewebe (der Bruchinhalt) abgeschnürt wird.
Klemmt ein Stück Darm ein, kann es zu einem Darmverschluss und einem
Darmdurchbruch kommen. Selbstverständlich sollte ein Notfalleingriff vermieden
werden, da dieser mit mehr Risiken verbunden ist. Deshalb versucht man, eine
solche Notfallsituation prophylaktisch mit einem geplanten Eingriff zu
vermeiden.
Oftmals
bestehen belastungsabhängig Schmerzen in der Bruchregion, beispielsweise beim
schweren Heben, Niesen und Pressen. Dadurch sind Patienten in ihrer
körperlichen Aktivität eingeschränkt, so dass operiert werden sollte. Auch ohne
Beschwerden sollte ein Bruch dann operiert werden, wenn er im Verlauf größer
geworden ist. Abgesehen von kosmetischen Gesichtspunkten wird mit zunehmender
Bruchgröße natürlich auch die operative Versorgung aufwendiger und
komplikationsträchtiger.
Risiken
und Vorteile einer jeden Operation sind individuell und verantwortungsbewusst
gegeneinander abzuwägen. Dies wird plausibel, wenn man bedenkt, dass die oben
genannten Risikofaktoren für eine Hernienbildung Ausdruck schwerer
Begleiterkrankungen sein können (beispielsweise Leberzirrhose mit Bauchwasser,
chronische Lungenfunktionsstörung). In solchen Fällen wird die Operation
riskant, unter Umständen sogar gefährlich oder nicht durchführbar. Gerne
beraten wir Sie in Absprache mit Ihrem Hausarzt, ob eine Bruchoperation bei
Ihnen sinnvoll oder notwendig ist.
Ziel
der Operation ist ein stabiler dauerhafter Verschluss der Bruchlücke. Kleine
Bruchlücken mit ansonsten kräftigen Bauchwandstrukturen in der Umgebung können
direkt durch Nähte verschlossen werden (beispielsweise ein kleiner Nabelbruch).
Bei größeren Bruchlücken und/oder schwachem Gewebe jedoch käme mit den
raffenden Nähten zu viel Spannung auf das Gewebe: Die Fäden würden sich durch
das Gewebe durchschneiden und so einen erneuten Bruch provozieren (ein
"Rezidiv"). Aus diesen Gründen setzen wir dann zur Stabilisierung ein Kunststoffnetz
in die Bauchwand ein.
Je
nach individueller Situation, kann das Kunststoffnetz in unterschiedliche
Schichten der Bauchdecke eingelegt werden:
In
jedem Fall muss die Größe des Kunststoffnetzes so gewählt werden, dass das Netz
mit dem gesunden und stabilen Gewebe deutlich überlappt und somit gut einheilen
kann. Damit ist das Netz immer wesentlich größer als die eigentliche Bruchlücke
und es gelingt so ein weitestgehend spannungsfreier Verschluss der Bruchpforte.
Damit kann einem Wiederauftreten der Hernie vorgebeugt werden kann. Darüber
hinaus wenden wir auch spezielle plastisch-chirurgische Präparationstechniken
an, um sehr große Bruchpforten einzuengen.
An
unserer Klinik bieten wir auch die minimal-invasive, laparoskopische Einlage
eines Kunststoffnetzes an. Während beim "offenen" Vorgehen der Hautschnitt
direkt im Bereich der Hernie erfolgt, wird beim "minimal-invasiven" Verfahren
ein Zugang zur Bauchhöhle über kleine Hautschnitte fernab von der eigentlichen
Bruchregion geschaffen. Nach Lösen bestehender Verwachsungen wird das
Kunststoffnetz in die Bauchhöhle eingebracht, entfaltet und an der Innenseite
der Bauchdecke, also am Bauchfell, fixiert ("intraperitoneal Onlay", IPOM). Es
handelt sich dabei um ein speziell beschichtetes Kunststoffnetz, das auf dem
Darm aufliegen darf, ohne ihn zu schädigen. Sind die Verwachsungen nach einer
Voroperation derart ausgeprägt, dass diese minimal-invasiv nicht gelöst werden
können, muss offen operiert werden.
Vorteil
des minimal-invasiven Vorgehens ist, dass die ausgedehnte Präparation der
einzelnen Bauchwandschichten in der Bruchregion entfällt. Bei großen Hernien
kann so eine Durchblutungsstörung in der Bauchwand vermieden und einem
möglichen Wundinfekt vorgebeugt werden. Der Nachteil ist, dass die hierfür
erforderlichen speziellen Kunststoffnetze extrem teuer sind und der Bruchsack selbst
nicht entfernt wird.
Der
Leistenkanal wird durch den inneren und äußeren Leistenring begrenzt. Durch ihn
verlaufen beim Mann Samenleiter und Hodengefäße, bei der Frau nur das
Mutterband. Leistenbrüche treten bei Männern etwa fünfmal häufiger auf als bei
Frauen, wohingegen das Geschlechterverhältnis bei der Schenkelhernie umgekehrt
ist. Bei der Schenkelhernie stülpt sich der Bruchsack (das Bauchfell) unter dem
Leistenband hindurch neben den großen Beingefäßen zur Innenseite des
Oberschenkels vor.
Bei
den Leistenbrüchen unterscheidet man den "indirekten" Leistenbruch (im Bereich
des seitlichen inneren Leistenrings) vom "direkten" Leistenbruch (im Bereich
des zur Mitte hin gelegenen äußeren Leistenrings). Der direkte Leistenbruch ist
die typischerweise mit dem Älterwerden erworbene Bruchform.
An
unserer Abteilung stehen grundsätzlich sämtliche Operationsverfahren zur
Verfügung. In einem persönlichen Beratungsgespräch klären wir gerne, welches
Operationsverfahren bei Ihnen am besten geeignet ist. Wir unterscheiden die
Beim
Erwachsenen führen wir den Eingriff mit wenigen Ausnahmen standardmäßig
minimal-invasiv durch. Hier werden drei kleine Hautschnitte im Mittel- bzw.
Unterbauch platziert. Bei der sogenannten "TAPP" erfolgt die Präparation über
die Bauchhöhle, bei der "TEP" innerhalb der Bauchwand. Beide Verfahren
beinhalten einen Verschluss der Bruchpforte durch Einlage eines
Kunststoffnetzes zwischen dem Bauchfell und den Strukturen der Leistenregion.
Im Ergebnis sind beide minimal-invasiven Methoden gleichwertig. Das
minimal-invasive Verfahren ist die Methode der Wahl, wenn der Leistenbruch nach
einer früheren offenen Operation wieder aufgetreten ist. Außerdem lassen sich
beidseitige Brüche über denselben Zugangsweg gleichzeitig versorgen.
Das
etwa 10x15 cm große und nicht auflösbare Kunststoffnetz wird so platziert, dass
alle drei möglichen Bruchpforten (indirekter und direkter Leistenbruch,
Schenkelhernie) gleichzeitig abgedeckt werden. Die Wahrscheinlichkeit für ein
Wiederauftreten des Bruches ist sehr gering (etwa 1%). Späte Schmerzsyndrome
sind nach dem minimal-invasiven Verfahren etwas seltener als bei der offenen
Operationstechnik ("OP nach Lichtenstein").
Beim
offenen Verfahren ("OP nach Lichtenstein") erfolgt der Zugang zum Leistenkanal
durch einen einzelnen, einige Zentimeter langen Hautschnitt in der Leiste. Auch
hier wird ein Kunststoffnetz spannungsfrei in die Leiste eingenäht. Dieses
Verfahren bevorzugen wir bei sehr großen Brüchen, wenn beispielsweise
Darmschlingen bis in den Hodensack vorgefallen sind (Skrotalhernie). Vorteil
dieser Methode ist, dass der Eingriff auch bei Patienten mit einem hohen
Narkoserisiko in lokaler Betäubung durchgeführt werden kann. Die
Wahrscheinlichkeit für ein Wiederauftreten des Bruches ist wesentlich geringer
als bei offenen Verfahren ohne Netzeinlage (z.B. "OP nach Shouldice").
Bei
Jugendlichen und jungen Erwachsenen sollte kein Kunststoffnetz eingelegt
werden. Hier kann bei ansonsten stabilem Gewebe die Bruchpforte direkt durch
Naht verschlossen werden ("OP nach Bassini" oder "Shouldice").