23.04.2024
Im Zentrum für Herz- und Gefäßmedizin des Gemeinschaftskrankenhauses Bonn wurde eine der drei Angiographie-Anlagen durch das Modell Azurion 7 C20 von Philips ersetzt, eine monoplane Flachdetektor-Anlage der neuesten Generation mit hochauflösendem 20 Zoll-Detektor für die bildgeführte Diagnostik und Therapie. Radiologie-Chefarzt PD Dr. Textor erklärt die Vorteile des neuen Gerätes.
Im Zentrum für Herz- und Gefäßmedizin des
Gemeinschaftskrankenhauses Bonn wurde eine der drei Angiographie-Anlagen durch das
Modell Azurion 7 C20 von Philips ersetzt, eine monoplane Flachdetektor-Anlage der
neuesten Generation mit hochauflösendem 20 Zoll-Detektor für die bildgeführte
Diagnostik und Therapie. Sie wird vor allem für ein breites Spektrum
minimal-invasiver Behandlungen der interventionellen Radiologie, wie z. B. die
Behandlung von Gefäßeinengungen durch den Einsatz von Ballonkathetern und
Gefäßstützen (Stents) genutzt, aber auch als Herzkathetermessplatz eingesetzt. Privatdozent
Dr. Jochen Textor, der die Fachabteilung für Radiologie, Interventionelle
Radiologie und Neuroradiologie seit 2003 als Chefarzt leitet, lobt an der neuen
Anlage die Bildqualität und eine größere Patientensicherheit: „Das System macht
Aufnahmen mit einer höheren räumlichen Auflösung und verbessert dadurch die
Detailbeurteilbarkeit. Und durch den Einsatz modernster Digitaltechnik und
Filterung ist die Strahlenbelastung für den Patienten bzw. die Patientin und
das Behandlungsteam um bis zu 40 Prozent reduziert.“
Neu ist auch, dass sich die
Anzeige von Bildern und die umfassende Bedienung von Anwendungen direkt am
Untersuchungstisch über einen einzigen Tablet-artigen Touchscreen steuern lassen
und alles parallel auf einem speziellen Großbildmonitor dargestellt ist.
Ähnlich wie in der Computertomographie können mit der neuen Anlage auch in
begrenztem Umfang Schnittbilder aufgenommen werden und so im Einzelfall den
Wechsel zu einem anderen Gerät ersparen. Dr. Textor: „Das verkürzt
Untersuchungszeiten und bedeutet eine höhere diagnostische Sicherheit.“
Neben der üblichen zweidimensionalen
Darstellung der Gefäße besteht jetzt zusätzlich die Möglichkeit, den Gefäßbaum
dreidimensional darzustellen und auf dem Bildschirm rotieren zu lassen (3D-Rotations-Angiographie),
um so zu einer schnellen, fundierten Behandlungsentscheidung zu gelangen und
den katheterbasierten Eingriff zu planen: Nachdem Start- und Zielpunkt in der dreidimensionalen
Gefäßstruktur ausgewählt wurden, kann das System dank spezieller Navigationssoftware
schnell einen Pfad für den Katheter durch die Gefäße definieren und in
verschiedenen Ansichten darstellen. Dr. Textor: „Das ist insbesondere bei
komplexen Gefäßstrukturen sehr hilfreich und führt zu einer deutlichen
Verkürzung des Verfahrens.“ Gleichzeitig kann das System beliebig viele
Stellungen speichern und bei Bedarf während des Eingriffs wieder zu ihnen
zurückkehren. Das erlaubt eine 2D-/3D-Bildgebung von Kopf bis Fuß, ohne den
Patienten umlagern oder den Tisch bewegen zu müssen. Nach dem Einbau der neuen
Angio-Anlage im Haus St. Petrus des Gemeinschaftskrankenhauses durchliefen alle
Radiolog:innen und Medizinisch-technischen Radiologieassistentent:innen zwei
Schulungsrunden durch die Firma Philips.
Bei der angiographischen
Untersuchung handelt es sich um die invasive (d.h. mit einer Gefäßpunktion
verbundene) Darstellung von Gefäßen durch direkte Kontrastmittelgabe. Dazu wird
unter örtlicher Betäubung eine spezielle Punktionsnadel in eine gut zugängliche
Ader eingeführt, ein dünner, sehr flexibler Führungsdraht in das Innere des
Blutgefäßes vorgeschoben und darüber anschließend ein Katheter eingeführt. Um
die Blutgefäße erkenn- und beurteilbar zu machen, wird über den Katheter
Kontrastmittel in die betroffenen Gefäße eingespritzt und in schneller Folge
Röntgenaufnahmen angefertigt.
Die Angiographie ermöglicht
neben diagnostischen Eingriffen auch therapeutische Interventionen in
minimal-invasiver Technik, wie zum Beispiel Katheterbehandlungen von
Aneurysmen, Engstellen oder Anomalien der Aorta, Arterien und großen Venen. Sie
ist insbesondere für die immer älter werdenden Patienten vorteilhaft, für die
eine konventionelle Operation oftmals mit einem zu großen Risiko verbunden
wäre, da durch die schonenden Prozeduren keine großen Schnitte erforderlich
sind und eine schnellere Genesung möglich ist. „Mit rund 1000 therapeutischen Angiographien
pro Jahr gehören wir zu den leistungsstärksten Anbietern“, so Dr. Textor, der
die Radiologie-Abteilung seit 2004 gemeinsam mit Oberarzt Dr. Ulrich Hofer am
Gemeinschaftskrankenhaus aufgebaut hat.
Am häufigsten sind
Behandlungen der Becken-, Bein- und Fußgefäße, etwa bei der peripheren
arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). Segensreich sind solche Eingriffe bei
Diabetikern mit Gefäßverschlüssen, die das Risiko des gefürchteten diabetischen
Fußsyndroms mit sich bringen. Weitere Einsatzorte der gefäßeröffnenden
Eingriffe sind darmversorgende Arterien, Nierenarterien sowie die Halsschlagader
(Carotis).
In Zusammenarbeit mit der
Neurologischen Abteilung der LVR-Klinik Bonn (Chefarzt: Prof. Dr. Christian
Dohmen) erfolgt die Behandlung von Patienten mit einem ischämischen
Schlaganfall (Gefäßverschluss in einem der drei Hauptstämme der Hirngefäße).
Sie profitieren von dem neuroradiologischen Verfahren der endovaskulären
Thrombektomie mit Stent-Retriever: Dazu wird von der Leiste zunächst über einen
Führungsdraht ein Mikrokatheter bis durch das Gerinnsel geschoben und dann ein
Stent entfaltet, der sich gegen die Gefäßwand presst und das Gerinnsel
„einfängt“. Zusammen mit dem Stent wird das Gerinnsel dann langsam
zurückgezogen und abgesaugt, sodass die Durchblutung des Hirns wiederhergestellt
ist.
Zum Spektrum der
Interventionellen Radiologie gehören auch gefäßverschließende Maßnahmen, z.B.
bei akuten Blutungen. Anders als bei einer Operation kann der Interventionelle
Radiologe mittels Röntgen-Bildgebung, Katheter und Kontrastmittel den Ort der
Blutung sehr präzise finden und punktgenau therapieren. Dazu werden kleine
Embolisationsspiralen über die Leiste durch die Arterien bis zur Blutung geführt
und dort freigesetzt. Durch ihre spezielle Oberfläche führen sie zur
Blutgerinnung.
Patient:innen
mit chronischer Gelenkkapselentzündung oder aktiver Arthrose, z.B. an Knie,
Ellenbogen oder Daumensattelgelenk, profitieren vom TAPE-Verfahren (Abkürzung
für transarterielle periartikuläre Embolisation): Unter Röntgenkontrolle wird
ein Mikrokatheter bis zum Gelenk vorgeschoben und im Bereich des markierten
Schmerzpunkts ein kristalloides Antibiotikum in die End-Äste der entsprechenden
Gelenkarterien injiziert. Es bilden sich dort temporäre Arterienverschlüsse,
wodurch Nervenschmerzen stark vermindert oder sogar gestoppt werden können.