Krebs ist inzwischen die häufigste Todesursache bei Diabetiker:innen unter 70 Jahren. Patient:innen mit Diabetes mellitus Typ 2 haben gegenüber der Normalbevölkerung ein etwa doppelt so hohes Risiko für Darmkrebs, zudem besteht bei ihnen eine größere Wahrscheinlichkeit, bereits vor dem 50. Lebensjahr an Darmkrebs zu erkranken. Die Chefärzte der Inneren Medizin des Gemeinschaftskrankenhauses, Prof. Dr. Franz Ludwig Dumoulin (Gastroenterologe) und Dr. Markus Menzen (Diabetologe), rufen daher Betroffene auf, alle Vorsorgemöglichkeiten wahrzunehmen.
Eine Vielzahl von Studien belegt, dass Typ 2-Diabetes zur Entstehung und zum Wachstum von Tumoren beiträgt. Dabei wirken drei Mechanismen zusammen: Der erste betrifft den dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel, denn Krebszellen haben einen erhöhten Glukoseverbrauch. Der zweite ist das Insulin, das Betroffene zum Teil in größeren Mengen spritzen müssen, um die abweichenden Blutzuckerwerte zu senken; denn Insulin fördert ebenso das Wachstum von Tumorzellen. Und drittens begünstigt ein über der Norm liegender Blutzuckerspiegel – vor allem bei übergewichtigen Patient:innen – Entzündungsprozesse. Besonders Darmkrebs-gefährdet sind daher übergewichtige Menschen mit einem insulintherapierten Diabetes Typ 2.
Häufig entwickeln Diabetiker:innen schon im jugendlichen Alter oder im jungen Erwachsenenalter einen Darmkrebs. Das hängt laut dem Diabetologen Dr. Markus Menzen, Chefarzt in der Inneren Medizin des Gemeinschaftskrankenhauses Bonn, meist mit der Lebensweise zusammen: „Eine ballaststoffarme Ernährung mit zu viel Zucker, Salz und Fett, zu viel Alkohol, Rauchen, Bewegungsmangel und Übergewicht sind gemeinsame Risikofaktoren für Krebs und Diabetes. Besonders gefährlich wird es, wenn eine familiäre Vorbelastung für frühen Darmkrebs hinzukommt.“ Er weist daher seine Typ 2-Patient:innen auf ihr erhöhtes Risiko hin und empfiehlt eine Darmkrebsvorsorge: „Die Früherkennung per Stuhltest (IFOBT) ist unkompliziert und schnell zu Hause durchführbar. Zusätzlich erstatten einige Krankenkassen seit etwa einem Jahr auch jüngeren Hochrisikopatient:innen Vorsorge-Darmspiegelungen.“ Da eine Diabetes-Therapie mit hohen Insulingaben möglicherweise eine Krebserkrankung begünstigt, setzt Dr. Menzen – besonders bei stark übergewichtigen Menschen – eine Kombination mit anderen blutzuckersenkenden Medikamenten wie Metformin ein. Um die Wahrscheinlichkeit einer Darmkrebserkrankung zu senken, rät er Diabetiker:innen, auf eine gesunde Ernährung zu achten, sich regelmäßig zu bewegen und Übergewicht zu reduzieren, möglichst nicht zu rauchen und den Alkoholkonsum niedrig zu halten. Dr. Menzen: „Das normalisiert den Stoffwechsel und beugt schließlich auch Darmkrebs vor.“
Da Diabetes-Patient:innen häufiger unter Magen-Darm-Beschwerden wie Sodbrennen, Blähungen, Verstopfung oder Durchfall leiden und zu Magen-Darm-Infektionen und Gallensteinen neigen, empfiehlt Prof. Dr. Franz Ludwig Dumoulin, Chefarzt der Inneren Medizin des Gemeinschaftskrankenhauses, dass sie gleich bei der Erstdiagnose Diabetes einen Gastroenterologen oder eine Gastroenterologin konsultieren. Belastende und länger als einen Monat andauernde Magen-Darm-Beschwerden sollten Diabetiker:innen ebenfalls gastroenterologisch untersuchen und behandeln lassen.
Auch wenn die deutsche Leitlinie das zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht widerspiegelt: Diabetes-Patient:innen sollten nach Rat von Prof. Dumoulin „zwölf Jahre früher als andere eine Vorsorge-Koloskopie erhalten“. Liegen neben einem Diabetes mellitus weitere Risikofaktoren vor, übernehmen einige Krankenkassen inzwischen auch die Kosten für eine frühere Vorsorgekoloskopie – bei Männern bereits ab dem 40. und bei Frauen ab dem 45. Lebensjahr. Prof. Dumoulin: „Das sollten Hochrisikopatient:innen unbedingt nutzen. Darmkrebs ist gut heilbar – aber nur, wenn er früh erkannt wird.“